Menschenbild
Das Holotrope Atmen ist eine von Dr. Stanislav Grof und seiner Frau Christina Grof in den 1970iger Jahren entwickelte Methode der Transpersonalen Psychologie und dient der Heilung durch Bewusstseinserweiterung. Die Grofs haben in dem Sinne nichts Neues erfunden, da es ähnliche Rituale bei Naturvölkern bereits seit Jahrtausenden gibt, aber sie haben die Heilkraft des Atems in Kombination mit bestimmten Rahmenbedingungen (Set und Setting) erkannt und für die Bewusstseinserweiterung nützbar gemacht.
Das Menschenbild, auf dem das Holotrope Atmen basiert, ist ganzheitlich, integrativ und wachstumsorientiert. Es erkennt an, dass der Mensch nicht nur durch seine persönliche Geschichte und Biologie definiert ist, sondern auch durch seine Fähigkeit, über sich hinauszuwachsen, sich mit dem Universellen zu verbinden und tiefere Dimensionen des Seins zu erfahren.
Ein zutiefst optimistisches und potenzialorientiertes Menschenbild
Das Menschenbild hinter dem Holotropen Atmen basiert auf der Integration von Humanistischer Psychologie, Spiritualität und den Erfahrungen veränderter Bewusstseinszustände und zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:
Erweiterte Ganzheitlichkeit
Die Transpersonale Psychologie sieht den Menschen als ein ganzheitliches Wesen, das aus Körper, Geist, Seele und einer spirituellen Dimension besteht. Der Mensch als multidimensionales Wesen umfasst neben der körperlichen und psychologischen Dimension auch spirituelle und transpersonale Ebenen. Auch das menschliche Bewusstsein wird als weitreichender und komplexer angesehen, als es in der traditionellen westlichen Psychologie beschrieben wird.
Innere Weisheit
Ein zentrales Merkmal des Menschenbildes ist die Überzeugung, dass jeder Mensch mit einer innewohnenden Kraft, der innere Weisheit, versehen ist. Lernt der Mensch, sich nach innen zu wenden und mit sich selbst in Kontakt zu kommen, kann der inneren Stimme gelauscht werden und mit der Zeit genug Vertrauen aufgebaut werden, um sich von der inneren Weisheit, auch in herausfordernden Zeiten, führen zu lassen.
Transpersonale Dimension
Der Mensch kann über sein persönliches Selbst hinaus Erfahrungen machen, die ihn mit kollektiven, archetypischen und universellen Bewusstseinsebenen verbinden. Dazu gehören Begegnungen mit spirituellen Symbolen, kulturellen Mythen, historischen Ereignissen und kosmischen Realitäten.
Veränderte Bewusstseinszustände sind natürliche und heilsame Werkzeuge, um den Menschen mit tieferen Schichten des Seins zu verbinden. Diese Zustände ermöglichen Heilung, Selbsterkenntnis und, in therapeutisch gut gehaltenen Räumen, auch die Integration von traumatischen Erlebnissen.
Das perinatale Erleben
Ein zentrales Konzept in Grofs Arbeit ist die Bedeutung der Geburtserfahrung (perinatale Phase) für das psychische Leben. Er beschreibt vier perinatale Matrizen, die archetypische Erlebnisse der Geburt darstellen und tiefgreifenden Einfluss auf das menschliche Leben und die Psyche haben. Diese Matrizen veranschaulichen, wie die Geburtserfahrung unser späteres emotionales und spirituelles Leben prägt.
Heilung durch Selbsterfahrung und Transformation
Der Mensch wird als Wesen gesehen, der in der Lage ist, sich selbst zu heilen, wenn er Zugang zu tieferen Bewusstseinsschichten hat. Holotropes Atmen dient dabei als Werkzeug, um unbewusste Blockaden zu lösen, die Ganzheit wiederherzustellen und das Wachstumspotenzial des Menschen zu entfalten.
Psychische Probleme und Krisen werden oft als Gelegenheiten für Wachstum und Transformation gesehen. Statt sie zu pathologisieren, werden sie als Ausdruck tieferer Prozesse gesehen, die auf eine Notwendigkeit zur Integration hinweisen. Durch innere Zuwendung, Selbsterkenntnis und spirituelle Praktiken kann der Mensch tiefere Ebenen seines Bewusstseins erforschen und sein volles Potenzial entfalten.
Verbindung mit dem Universellen
Der Mensch wird als Teil eines größeren, universellen Ganzen betrachtet. Die Trennung zwischen Individuum und Universum ist letztlich eine Illusion. Transpersonale Erfahrungen – wie mystische Einsichten oder das Gefühl der Einheit mit der Natur – zeigen diese Verbundenheit.

Existenzielle Fragen
Für das menschliche Dasein grundlegende Fragen und existenzielle Themen wie den Sinn des Lebens, Tod, Entstehung von Gewalt, Unterdrückung und die Befreiung daraus, sowie Sterblichkeit und die Suche nach spiritueller Erfüllung, können im Rahmen von Holotropen Atemerfahrungen erforscht und die Antworten mit dem eigenen Leib erfahren werden.
Offenheit für spirituelle und mystische Erfahrungen
Spirituelle, mystische und außergewöhnliche Erfahrungen werden nicht als pathologisch betrachtet, sondern als legitime Bestandteile des menschlichen Bewusstseins. Solche Erlebnisse können tiefe Heilung, Einsicht und Transformation ermöglichen.